Das Reich der Frau: die zweckvoll eingerichtete Küche

Während der NS-Zeit war der Staat für den gesamten Wohnungsbau zuständig. Die Wohnungspolitik, ganz besonders getragen durch die mächtige Deutsche Arbeitsfront (DAF), knüpfte an die Baupolitik der Weimarer Republik an. Die Regierung wußte, dass sowohl konjunkturpolitisch als auch zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit Wohnungsneubau dringend erforderlich war.
Es wurden in dem Zeitraum von 1936 bis 1938 in Deutschland 300.000 Wohnungen pro Jahr erbaut. Dann wurde das Bauvolumen im sozialen Wohnungsbau wesentlich reduziert. Obwohl die Finanzierung vorrangig nicht mehr staatlich ablief, brachte sich der Staat selbst sehr stark in das Baugeschehen ein. Dies geschah durch eine allgegenwärtige Reglementierung: im Bau- und Bodenrecht.
Eine zentrale Figur war Robert Ley, der im November 1940 zum Reichskommissar für den sozialen Wohnungsbau ernannt wurde. Er war Leiter der Deutschen Arbeitsfront. In seiner Behörde konzentrierte man sich besonders auf die Planung und Erstellung von "Groß-Siedlungen". Diese städtische Wohnform war jedoch über die Jahre umstritten. Geschoßwohnungsbau sollte aber gefördert und entwickelt werden, da eine Zersiedelung der Landschaft durch "zu große Ausdehnung der städtischen Agglomerationen" befürchtet wurde. In der staatlichen Baupolitik fand auch die großstädtische Lebensweise mit den daraus resultierenden Wohnverhältnissen Akzeptanz, da dem Wunsch vieler Wohnungssuchender, die kein "Eigenheim" besitzen wollten, Rechnung getragen wurde. Bereits ab 1935 wurde die Objektförderung im sozialen Wohnungsbau drastisch eingeschränkt, um für die Rüstung Mittel bereitstellen zu können. Die Finanzierung wurde privatisiert, nicht jedoch die Planung.

Verordnungen / Rechtsnormen
Im November 1936 wurde die "Reichsverordnung über Baugestaltung" erlassen, die eine "anständige Baugesinnung", "werkgerechte Durchbildung" und "einwandfreie Einfügung in die Umgebung" von neu zu errichtenden Gebäuden forderte.
Dies wurde dann für die Verwaltung in einem Erlaß des Reichs- und Preußischen Arbeitsministers (17.12.1936) näher erläutert. Unter "anständiger Baugesinnung" wurde verstanden, dass "nach den Regeln der guten Baukunst ein Gebäude zu gestalten" sei.
Was die Zuständigkeiten für den staatlich geförderten Wohnungsbau in der NS-Zeit betraf, hatte die neue Regierung im Juli 1933 den Bereich Wohnungs- und Siedlungswesen dem Reichswirtschaftsministerium zugeordnet. Gottfried Feder war in diesem Ministerium Staatssekretär und ab März 1934 auch Reichskommissar für das deutsche Siedlungswesen. Bereits im Dezember 1934 wurde Feder jedoch entlassen und bekam an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg den Lehrstuhl für Raumordnung, Siedlungswesen und Städtebau. Außerdem wurde er Leiter der Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung. Das Wohnungs- und Siedlungswesen wurde dann in das Reichsarbeitsministerium integriert. Dieses Ministerium war bereits in der Weimarer Zeit für den sozialen Wohnungsbau zuständig.

Neugestaltungsstädte
Seit Oktober 1937 gab es eine - besonders für den Geschoßwohnungsbau - wichtige Sonderregelung für sogenannte Neugestaltungsstädte. Diese landesweite "Regelung" war ein Gesetz. Es befreite von sämtlichen bau- und planungsrechtlichen Bestimmungen. Es wurde quasi ein gesetzloser Zustand geschaffen. Die Architekten wurden durch Sondervollmachten ermächtigt, sich eigene "Regeln der guten Baukunst" zu schaffen. Somit wurde auch ein einmaliger künstlerischer und planerischer Freiraum gewährt.

"Stadt des KdF-Wagens"
Die ersten städtebaulichen Konzepte für die "Stadt des KdF-Wagens" konnten nicht genehmigt werden, da sie dem damals geltenden Bauordnungsrecht nicht entsprachen. Diese Siedlungsplanungen waren durch das Stadtbaubüro (Leiter war der Architekt Koller) erarbeitet worden.
Sowohl das Reichsarbeitsministerium, nunmehr wieder die zuständige ministerielle Ebene, als auch der Regierungspräsident in Lüneburg lehnten eine Genehmigung aufgrund der vorhandenen Rechtslage ab. Im Stadtbaubüro der neu zu erbauenden Stadt waren für den Hochbau der Architekt Titus Taeschner, für den Städtebau Norbert Schlesinger und für den Tiefbau Friedrich Treiber verantwortlich. Der Architekt Koller nutzte seine Kontakte intensiv und erreichte, dass der Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt (GBI), der Architekt Speer, auch für die Planung dieser neuen Stadt zuständig wurde. Speer erwirkte formal durch den Führererlaß (06.07.1938), dass auch die "Stadt des KdF-Wagens" zu den "Neugestaltungsstädten" gehörte. Dies war sowohl von außerordentlicher Wichtigkeit für die geplante Siedlungsstruktur der neuen Stadt als auch für die architektonische Ausbildung der einzelnen Wohngebäude von Bedeutung.
Im Juli 1938 bestätigte Speer ausdrücklich, dass der Architekt Koller für die Gestaltung der neuen Stadt zuständig sei. Danach liefen die Genehmigungen mit den Sondervollmachten sehr schnell; am 29.01.1938 wurden der Flächenplan durch den GBI und auch der erste Teilbebauungsplan genehmigt. Für die Architekten Speer und Koller gab es dadurch einen enormen Machtzuwachs.
Ergänzend sei hier angemerkt, dass andere Neugründungen, wie im Bereich Salzgitter, nicht zu diesen "Neugestaltungsstädten" gehörten und somit mit anderen planungs- und bauordnungsrechtlichen Bedingungen zu kämpfen hatten. Insofern ist die Stadt Wolfsburg hinsichtlich des Siedlungswesens/Wohnungsbaus ein einmaliges Beispiel für den Geschoßwohnungsbau aus dieser Zeit, der ohne bauordnungsrechtliche Einschränkungen außerhalb von Großstädten entstand.

Der Geschoßwohnungsbau in der "Stadt des KdF-Wagens"
Die von den Planern vorgeschlagene Siedlungsstruktur erinnert ansatzweise an Gartenstadt-Konzepte. Die Trennung von Wohnen und Arbeiten und die Einbettung der Wohnquartiere in großzügige Grünbereiche und die Bildung von "Nachbarschaften" gehörten dazu. In den wohnungsnahen Grünanlagen sollten Kinderspielplätze, Sportanlagen und Naherholungsbereiche sein. Auch die Konzipierung getrennter Fußgänger- und Fahrradwege im gesamten Innenstadtgebiet war eine beachtliche stadtplanerische Qualität.
Aber auch formale städtebauliche Planungsansätze prägten den Wohnungsbau in jener Zeit. Die Hauptstraßen in der "Stadt des KdF-Wagens" wurden durch relativ hohe dreigeschossige Wohngebäude gebildet. Diese sollten durch Dienstleistungseinrichtungen, Geschäfte, Büros und andere öffentliche Einrichtungen in den Erdgeschossen ergänzt werden. An den Haupterschließungsstraße (heute: Goethe- und Schillerstraße) waren auch größere Wohnungen vorgesehen. Dahinter wurde dann zweigeschossige Bebauung geplant, die dann zum Stadtrand nochmals um ein Geschoß abnehmen sollte, um eine "Einfügung" in die umgebende Landschaft zu erreichen.
Bereits während der frühen städtebaulichen Planung wurde mit einem Stellplatzbedarf von einem Auto pro Wohnung gerechnet. Diese Autos sollten in Garagenkomplexen oder als Parkplätze, parallel zu den Fahrbahnen angeordnet, untergebracht werden.
Die Größenordnungen der gesamten Wohnungsbauplanung sind nur in enger Abhängigkeit mit dem Bau des Industriekomplexes Volkswagenwerk zu sehen. Die Anzahl der zu bauenden Wohnungen wurde durch die zu erwartende Belegschaft des Werkes bestimmt. Die Autoproduktion begann im Sommer 1939, und bereits Ende des Jahres waren 10.000 Autos hergestellt worden. Im Juni 1939 war eine Belegschaft von ca. 1.000 Arbeitern im Werk tätig. Das Wohnangebot sollte attraktiv sein, um die Fluktuation im Werk möglichst zu reduzieren. Das Stadtbaubüro strebte eine aufgelockerte Bauweise mit einer relativ geringen Bevölkerungsdichte - auch in der Innenstadt - (ca. 150 bis 200 Einwohner pro Hektar waren vorgesehen) an. Es sollten zwar großstädtische Baustrukturen entwickelt werden, jedoch verbunden mit einer "halbländlichen" Lebensweise.
Bis in das Sozialgefüge wurden auf allen staatlichen Ebenen Zielvorstellungen entwickelt. Die in der Stadt angestrebte soziale Struktur der Bevölkerung sollte als neues "formgebendes Prinzip" für zukünftige Städtebauer (so Gottfried Feder) gelten. Damals wurden für viele Städte sogenannte anatomische Atlanten entwickelt (auch für die "Stadt des KdF-Wagens"), um ausreichend Zahlenmaterial für zukünftige Entscheidungen zugrunde legen zu können.
In der Innenstadt wurden zuerst die Bereiche "Wellekamp" (ca. 1.900 Wohnungen) und "Schillerteich" (600 Wohnungen) fertiggestellt. Diese "Nachbarschaften" bestehen aus zwei- und dreigeschossigen Wohnblocks, die oft baulich miteinander verbunden waren.
Die angestrebte halbländliche Lebensweise versuchte man zu fördern, indem Gartenland - je nach Bedarf - zugeteilt werden konnte. Obwohl es auch in dieser Hinsicht offiziell Bedenken (u. a. von Ley) gab. In Publikationen wurde die Fragestellung erörtert, ob zusätzliche Feierabendbeschäftigung nicht die Arbeitsleistung reduzieren würde. Auch das geplante kulturelle Angebot in der Stadt und die durch den Staat organisierte Parteiarbeit könnte beeinträchtigt werden. In dieser Planungsphase gab es keinen Kleinsiedlungshaus- und Eigenheimbau (auf die abseits vom Zentrum liegende Siedlung "Am Steimker Berg" kann hier nicht eingegangen werden.).
Ein Viertel der Belegschaft des Werkes war trotzdem an einem Einfamilienhaus (eine Art Kleinsiedlerstelle) interessiert. In der frühen Aufbauphase wurde darauf nicht Rücksicht genommen.

Bedürfnisse der Bevölkerung
In der Fachliteratur jener Zeit, hier sei besonders auf die Zeitschrift "Der soziale Wohnungsbau" hingewiesen, wird zwischen Männern, Frauen und Kindern nicht differenziert. In Erlassen und anderen offiziellen Schriften wird von "den Menschen" oder "der Bevölkerung" gesprochen. Bei statistischen Untersuchungen war herausgefunden worden, dass die Kinderzahl in den Arbeiterfamilien in der neuen KdF-Stadt generell höher als der Durchschnitt im damaligen Reich war. Jüngere Familien mit mehreren Kindern waren auf jeden Fall überrepräsentiert.
Da besonders "kinderfreundliche" Städte und auch Wohnungen gebaut werden sollten, führte das Stadtbaubüro im Jahre 1940 in den bereits bezogenen Wohnquartieren (also "Wellekamp") eine Untersuchung durch, um Schlußfolgerungen für die beabsichtigte Planung und Erstellung von weiteren Wohnungen ziehen zukönnen, eine Art Betroffenenbeteiligung.  

"Rund um den häuslichen Herd"

Im Jahre 1937 erschien ein Buch mit dem Titel "Ich kann alles, ein guter Rat für die Hausfrau". Unter der Überschrift "die planvolle Hausfrau" heißt es: "das berühmte Klagelied der "überlasteten Hausfrau": Ich bin am Morgen so müde, ich kann mich zu nichts entschließen, die Arbeit geht mit nicht von der Hand, das ganze Leben ist mir verbittert durch das unerträgliche Einerlei, eine Frau kann doch nicht nur an die Küche gefesselt sein ... und dann folgt die unendliche Reihe von Krankheitsanzeichen, die mit Kopfschmerzen beginnen und mit mehr oder minder schweren Anfällen von Niedergeschlagenheit enden (dürfte bekannt sein). Diese gefühlsmäßige Belastung der Hausfrau ist für jene Menschentypen besonders kennzeichnend, die sich bereits in Gedanken von der Arbeit des kommenden Tages erdrücken lassen. Es ist kein Wunder, wenn dieses seelische Gehetztsein sich auch körperlich in den verschiedensten Unbehaglichkeiten, ja in einem heftigen Krankheitsgefühl äußert. Die Ursache liegt in den meisten Fällen nur in einem einzigen Fehler: in dem dauernden Mangel an planmäßiger Einteilung von Zeit und Geld. Gerade heute genügt es nicht, "Hausfrau" zu sein. Es ist im Sinne der Allgemeinheit, den eigenen Besitz in seiner Erhaltung und Gestaltung so zu verwalten und zu schützen, dass kein Volksgut verlorengeht. In den Händen der Hausfrau liegt nämlich ein großer Teil des Volksvermögens, an ihr ist es, Wirtschaftsgüter vielfältigster Art so nützlich wie möglich zu verwerten. Eine planvolle Führung des Haushalts aber umfaßt nicht nur materielle Dinge, sondern ein geordneter Haushalt ist die Grundlage für ein ungestörtes Familienglück ..."
In sämtlichen Lebensbereichen, von der Raumordnung bis zum Saubermachen und Windelnwaschen, sollte es planmäßig zugehen. Diese Pläne wurden ausschließlich von Männern erarbeitet. Auch die zu erwartenden Wohn- und Lebensbedürfnisse wurden in diesem techno-kratisch organisierten Planungsablauf durch dafür beauftragte Architekten und Ingenieure ausgerechnet. Es gab für alles Durchschnittswerte oder Verteilerschlüssel. Diese wurden für die Planung und somit gewünschte Organisation des Alltags herangezogen.
Hier nur ein Beispiel: Ein entscheidendes Maß war eine Viertelstunde Fußweg. Dies resultierte aus bestimmten Beobachtungen: der tägliche Weg zur Schule und Wege, die Frauen zu den Lebensmittelläden zurücklegen müssen. Auch die Inanspruchnahme von Handwerkern und anderen Einrichtungen und deren Lage im Wohngebiet wurde danach zugeordnet.
Die Frau war Hüterin des Hauses und Betreuerin der Familie. Frauen spielten stadtplanerisch weder in der Planung, Verwaltungshierarchie noch in der Ausführung eine Rolle. Im gesamten Planungsablauf gab es sie als funktionierenden Teil der Familie zur "Aufzucht" des Nachwuchses.
In einer Fachzeitschrift wird erwähnt, dass auch Belange von Frauen beim Bau von Wohnungen erfragt wurden. Neben der allgemeinen, ausführlichen Diskussion um die Wohnküche, die zu vielen Zuschriften aus der Bevölkerung geführt hatte, war auch die Reichsfrauenführerin beteiligt worden.
Hierzu heißt es: "U. a. hat sich besonders die Reichsfrauenführerin darum bemüht, eine Klärung in dem Sinne zu erreichen, dass der Charakter der Wohnküche nicht dadurch berührt wird, dass in den Gebieten, insbesondere im Osten, wo die Wohnküche unbekannt ist und abgelehnt wird, Koch- und Wohnteil durch eine leichte Wand voneinander getrennt werden. Reichskommissar Dr. Ley hat sich im Sinne der Ausführungen unserer Reichsfrauenführerin entschieden. Es ist also möglich, dass in den Teilen des Reiches, wo die Wohnküche nicht üblich ist, Wohn- und Kochteil durch eine leichte Trennwand voneinander geschieden werden. Hierauf wird bei der Festlegung des Grundrisses Rücksicht genommen werden. Ebenso ist die im Führer-Erlaß genannte Dusche Gegenstand vielseitiger Überlegungen, insbesondere seitens der Mediziner und auch der Hausfrauen gewesen ..."

Die Wohnungsbaugesellschaft in der neuen Stadt
Eine Wohnungsbaugesellschaft war im Jahre 1938/1939 gegründet worden, um den Wohnungsbau auch zügig realisieren zu können. Problematisch waren in diesem Zusammenhang die Gemeinnützigkeitsbestimmungen. Deshalb wurde dann später noch eine andere GmbH gegründet, die nicht staatlich subventionierte Vorhaben, wie große Wohnungen, Läden, Gaststätten u. a. m. bauen sollte.
Die Wohnungsbaugesellschaft "Neuland" baute damals Wohnungen von 48 bis 118 qm. Monostrukturierte Wohnviertel waren nicht gewünscht.
Die Zuweisung der bereits fertiggestellten Wohnungen durch die "Neuland" erfolgte vorrangig an kinderreiche Familien. Werksangehörige, die nur ein oder zwei Kinder hatten, wohnten entweder zur Untermiete oder in Notunterkünften. Relativ große und kinderfreundliche Wohnungen waren als Programm angesagt. Viele vermieteten ein Zimmer der neu bezogenen Wohnung an einen Untermieter.

Zur Finanzierung
Die Finanzerung war, als man mit dem Bau in der "Stadt des KdF-Wagens" begann, ungeklärt.
Es gab Vergleichsmöglichkeiten mit dem mehrgeschossigen Wohnungsbau in Berlin-Charlottenburg-Nord. Dort war auch Speer zuständig. Zwar war in Berlin aus formalen Erwägungen bis zu sechsgeschossige Wohnbebauung vorgesehen, jedoch konnten die Kosten verglichen werden. Diese waren bei den in Wolfsburg gebauten Wohnblocks wesentlich höher, obwohl die Ausstattung der Wohngebäude ähnlich war.
Bei der Kalkulation ging man von der "tragfähigen Miete" aus. Neben der Kaltmiete waren damals schon relativ hohe Nebenkosten zu erwarten: Zentralheizung, Umlage für die Zentralwäscherei (z. B. "Am Steimker Berg"), Stromverbrauch (besonders durch den eingebauten Warmwasserspeicher) bedingten hohe Kosten. Für viele Familien war das auf Dauer kaum erschwinglich. Deshalb sollte sich die Miete an dem Einkommen und nicht an Finanzierungsmodellen orientieren, also eine Art Subjektförderung war vorgesehen.
Günstigste Fördermöglichkeiten für den sozialen Wohnungsbau bedingten Wohnflächenbegrenzungen. Es waren Toleranzen von 10 % gestattet. Diese Wohnungsgrößen wurden aber nicht nur auf die "Stadt des KdF-Wagens" angewandt. Die Finanzierung für den 1. Bauabschnitt (u. a. auch "Wellekamp" und "Schillerteich") setzte aus Hypotheken, Reichsdarlehen, Zusatzdarlehen und einem Arbeitgeberdarlehen zusammen. Für kinderreiche Familien gab es die günstigste Finanzierungsmöglichkeit.
Die bereits erwähnte tragfähige Miete war in der "Stadt des KdF-Wagens" höher als 20 % des Netto-Einkommens.

Typen und Normen
"Das Grundgesetz des sozialen Wohnungsbaus" wurde ein Erlaß von Hitler (1940) genannt. Dieser definierte zukünftige mögliche Grundrisse im sozialen Wohnungsbau. Nach dem Krieg sollte der neue deutsche Wohnungsbau Geschoßwohnungsbau sein. Geräumige Wohnküchen für 80 % der neu zu erstellenden Wohnungen waren vorgeschrieben. Hinzu kamen drei Schlafzimmer, ein Duschraum mit getrenntem Abort, Speisekammer und Abstellräume. Außerdem sollten Wohnungen in zwei- und mehrgeschossigen Bauten einen Balkon erhalten.
Die festgelegten Raumgrößen waren relativ gleichwertig. Man ging von einem Wohnkonzept aus, das entweder die Wohnküche oder den Hauptwohnraum als Zentrum des Familienlebens bestimmte. Als Beispiel sei hier die in dem Erlaß vorgeschriebene Mindestgröße einer Drei-Zimmer-Wohnung von 62 qm genannt: Wohnküche 22 qm, Schlafzimmer 16 qm, weitere Schlafzimmer 10 qm, Dusche mit getrenntem Abort 5 qm, ein Flur 6 qm, ein Balkon 3 qm.
Diese Zahlen sind das Ergebnis jahrelanger ingenieurmäßiger Bearbeitung in den staatlichen Einrichtungen, zur Grundrißtypisierung und Normung von Bauteilen. Federführend war der Leiter des Hauptreferates "Gebäudeplanung" (Hans Spiegel), der dem Reichskommissar für den sozialen Wohnungsbau zugeordnet war. Spiegel veröffentlichte in Fachzeitschriften Aufsätze über neue Wohnungsformen. Darunter waren neu entwickelte (getypte) Grundrisse mit technisch gut ausgestatteten Bad- und Küchen"zellen" zu verstehen. Als Vorgabe und Orientierung dienten ideologische und technokratisch vorgegebene Wohn"bedürfnisse". In diesen Aufsätzen wurde auch ausführlich auf "betriebstechnische" Abläufe und deren Entsprechung beim Bau von Wohnungen eingegangen. Hier waren auch Arbeiten wie das Kochen und Wirtschaften in der Küche untersucht und ausgewertet worden. (Welche Wege und wie oft geht die Hausfrau vom Herd zum Tisch usw.).
In einem Ratgeber aus dem Jahre 1940 heißt es dazu: "... denn eine so unbestechliche Wissenschaft wie die Statistik hat festgestellt, dass eine Hausfrau im Jahr ungefähr 1.800 km im Haushalt zurücklegt, das ist etwa dreimal der Weg von Berlin nach München, dass Hausfrauen nicht weniger als 700 Stunden für Geschirrabwaschen, 500 Stunden für Staubwischen im Jahr verwenden müssen. Das sind Zahlen, die im ersten Augenblick überraschen. Wie eingangs dargestellt wurde, läßt sich dieser Schrecken durch eine strikt durchgeführte Planmäßigkeit und klug bedachte Arbeitserleichterung bannen..."
Die Ausbildung der innerhäuslichen "Verkehrsflächen" wie Treppenaufgänge, Wohnungsflure u. a. m. waren ein weiterer Untersuchungsgegenstand.
Die Normierung der Wohnungsgröße und die Festlegung von einer "ausreichenden" Anzahl von Räumen in einer abgeschlossenen Wohnung waren entscheidende Kriterien bei der Erarbeitung der gewünschten Typengrundrisse. Durch "besonnte Räume" und ein "behagliches Heim" sollten vor allem Kinder "gesund heranwachsen".
Später gab es von dem o. a. Hauptreferat erarbeitete sogenannte Erprobungstypen. Diese Grundrisse wurden dann der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ein typisierter einheitlicher Grundriß mit genormetenBauteilen war das Ziel.
Fragen der Normen, Typisierung und auch Rationalisierung im Wohnungsbau wurden bereits im Jahre 1938 (vor allem durch Ley und seine Behörde) bearbeitet. Auch der Architekt Ernst Neufert arbeitete eng mit Speer an diesen Problemen. Beide wollten eine einzige, total normierte Einzelwohnung. Dazu kam es nicht mehr. Neufert wurde nach dem 2. Weltkrieg Professor und gab die bis heute wichtige Bauentwurfslehre heraus.
Der Wohnraum als "Mittelpunkt" des Wohnens wurde bei der Konzipierung der Wohnungsgrundriss nicht ausschließlich vorausgesetzt. Es wurde akzeptiert, dass bei bestimmten "Wohnsitten" diese Wohnform nicht entsprechend sei. Bei diesen Modellgrundrissen war die Wohnküche den anderen Räumen zugeordnet.
Um zu einer richtigen Beurteilung zu kommen, muß erwähnt werden, dass bei der Entwicklung der Wohngrundrisse auch eine Untervermietung (eines Zimmers) offiziell in Betracht gezogen wurde. Deshalb wurde großer Wert darauf gelegt, dass Bad und Toilette getrennte Eingänge vom Flur aus erhalten. Der Badraum wird in einem Typengrundriß durch einen Kippflügel vom Toilettenfenster aus belüftet.

Grundrisse im "Wellekamp"
Auch in der "Stadt des KdF-Wagens" Grundrisse für den Geschoßwohnungsbau wieder verwendet. Dies wurde durch Rationalisierungsmaßnahmen im Planungsprozeß gefördert. Hinzu kamen außerdem noch große Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung und das Fehlen von Facharbeitern. Auch extern arbeitende Architekten (z. B. Ruprecht) übernahmen Grundrisse. Im "Wellekamp" wurden Ein- bis Zweieinhalb-Zimmer-Wohnungen gebaut. Die Grundrisse entsprechen schon überwiegend den oben beschriebenen Typen. Jede Wohnung hatte eine Speisekammer, es gab Wohnküchen, Hängeböden, Loggien, Balkonaustritte u. a. m.).
Bei den Siedlungen "Wellekamp" und "Schillerteich" in der Innenstadt sind Wohngebäude mit einheitlichen Gebäudehöhen und -tiefen und gleichen Dachformen mit roten Ziegeln gebaut worden.
Die Trennung zwischen dem Inneren eines Hauses, also der grundrißbezogenen normierten Aufteilung der Wohnungen, und der fassadenbezogenen äußeren Gestaltung im Sinne der angestrebten spezifischen "Landschaftsnorm" ist klar ersichtlich und heute noch ablesbar. Die bauliche Hülle mit der Fülle von Schmuckelementen entsprach den offiziellen ästhetischen Vorstellungen der damaligen Zeit.
"Wohnmäßig beste und dabei kulturelle und schönheitlich einwandfreie Wohnformen für den deutschen Menschen nach dem Kriege" sollten gefunden werden (so jedenfalls heißt es in einem Zeitschriftenaufsatz). Technisch ging es u. a. um die Vereinheitlichung der Haustiefen, Vereinfachungen in der Konstruktion vom Keller bis zum Dach und Vorfertigung von Bauteilen.
Es wurden gleichzeitig interessante Forderungen hinsichtlich der "Wohnform" entwickelt: Wohnküchen mit entsprechend vorgesehenen Stellflächen an den Wänden für Küchen- und Geschirrschrank in Abhängigkeit von der Größe der Öffnung zwischen Wohn- und Kochteil, Flexibilität in der Zuordnung des Gaskühlschrankes entweder in die Speisekammer, die obligatorisch war, oder auch als selbständiges Möbel.
Das Badezimmer und die Toilette waren immer getrennt angeordnet, jedoch konnten wahlweise eine Badewanne oder eine Dusche ("Brausebad") eingebaut werden.
Balkone an der Fassade sollten sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterfront möglich sein. Der Straßenraum dominierte nicht bei der Zuordnung dieses Bauteils. Formale Kriterien sollten jedoch erfüllt werden, wie z. B. keine große Häufung dieser Balkone. Auch Himmelsrichtung und Hauptwindrichtung waren für die Anordnung entscheidend.
In einem der vorgestellten Typengrundrisse wurde auch eine Loggia für die Küche vorgesehen.
Auch Fragen des Schallschutzes begründeten die Auswahl der vorgestellten Grundrisse, Wassergeräusche zwischen Kinderzimmer und Toilette wurden problematisiert. Hierbei wurde sogar darauf hingewiesen, dass Wasserspüler von der Industrie zu entwickeln seien, die keine wesentliche Geräuschbelästigung mehr verursachten. Im Typengrundriß strebte man eine Bündelung der Abwasserrohre, u. a. auch aus diesem Grunde an.
Oberlichter über den Türen sollten Wohnungsflure gut belichten. Zimmer wurden aus Belichtungsgründen mit einem Balkonaustritt versehen und mit bis auf den Boden reichende Balkontüren ausgestattet. Dies war auch als "Ersatz" für die fehlende Loggia gedacht, um möglichst gleichwertige, aber durchaus unterschiedliche Sozialwohnungen anbieten zu können.
Im Jahre 1941 wurden von Spiegel dem Stadtbaubüro diese o. a. erwähnten Erprobungstypen übersandt. Jedoch kam es weder zur Beurteilung noch zur Ausführung. Ende 1941 wurde durch die Reichskanzlei verfügt, dass auch die Neugestaltung deutscher Städte nicht mehr kriegswichtig sei, und somit kam die Bautätigkeit zum Erliegen.

Umbau von Denkmalen
Die bereits im Planungsprozeß im Ansatz vorhandene architektonische Trennung von außen und innen wird bei heutigen baulichen Instandhaltungsmaßnahmen der Wohnkomplexe weiter vertieft.
Diese "Außen-Orientierung" zeigt mangelndes historisches Bewußtsein, da gerade bei Wohnungsbauten der Grundriß der einzelnen Wohnung, die funktionale Zuordnung der Räume in diesen Wohnungen, ihre Gliederung und die Zuordnung von Räumen/Funktionen über die eigene Wohnung hinaus (wie z. B. Zentralwäschereien, Fahrradkeller, Kleingärten am Haus, Spielplätze u. a. m.) Auskunft über das geschichtlich-materielle Innenleben eines Gebäudes geben.
Insofern ist die z. Z. verstärkt laufende Auskernung einzelner Wohnungen bzw. ganzer Wohngebäude als sehr problematisch anzusehen. Die "Neuland", auch heute noch Eigentümerin dieser Wohngebäude, argumentiert dahingehend, dass in Wolfsburg nur Wohnungen mit anderen Grundrissen vermietbar seien. Wohnküchen würden von den Wohnungssuchenden abgelehnt, Holzestrichböden, Speisekammern u. a. m. entsprächen nicht mehr gewünschtem "Wohnstandard".
Diese Wohngebäude aus den 40er Jahren stehen unter Denkmalschutz. Die Tendenz, Denkmäler nur dann anzunehmen, wenn sie auch "schön" sind, ist besonders beim Mietwohnungsbau problematisch. Weibliche und männliche Bewohner mit ihren sehr unterschiedlichen Wohnbedürfnissen und Repräsentationswünschen und die Änderung des Wohnleitbildes gehören dazu. Auch Fragen des Geschmackes spielen eine große Rolle. Nicht zuletzt die Berufstätigkeit der Frau und die Umstrukturierung der Haushalte (es sind heute nicht mehr überwiegend Familien mit Kindern Wohnungssuchende) haben andere gesellschaftspolitische Bedingungen hervorgebracht.
Die intensiven Umbaumaßnahmen in den Wohngebäuden haben einen ständigen Substanzverlust zur Folge. Bei den Wohngebäuden im Gebiet "Wellekamp" und auch "Schillerteich" handelt es sich in dieser Geschlossenheit um realisierten Geschoßwohnungsbau mit für damalige Verhältnisse absolutem Spitzenstandard im sozialen Wohnungsbau. Sogar die intakten Kellerabgänge vom Hofbereich werden abgerissen. Sie waren zusätzlich gebaut worden, um Fahrräder direkt von außen in den Keller bringen zu können.
Noch in einzelnen Wohnungen vorhandene Originalsubstanz wie Waschbecken, freistehende Badewannen, Fußböden, Fenster, Balkone, Wandanstriche u. a. m. wird "abgebaut", Hängeböden und Speisekammern abgebrochen. Hausarbeit (Alltagsarbeiten) wird weniger "Raum" zugestanden.
Infolge der permanenten Umbaumaßnahmen reduziert sich der Wert der Geschichtszeugnisse der Alltagskultur der 40er Jahre. Verträgliche Nutzung würde also das Wohnen in vorhandenen Grundrissen bedeuten. Dies soll nicht möglich sein.
Auch in der unmittelbaren Umgebung ("Wellekamp") der mehrgeschossigen Wohngebäude gab es wesentliche Veränderungen: In der Goethe- und Schillerstraße (früher Schlieffen- und Richthofenstraße, in Verlängerung Moltkestraße) waren breite Vorgärten an den Fahrbahnen angelegt. Durch das neue Verkehrskonzept (um den Fußgängerbereich Porschestraße einzurichten) wurden u. a. die breiten, unversiegelten Bereiche den Autoverkehrsflächen zugeschlagen.  

Totale Planung und Gestaltung - eine politische Forderung

Unter diesem Titel veröffentlichte im Jahre 1940 das Reichsheimstättenamt der DAF, Hauptabteilung "Städtebau und Wohnungsplanung", ein Planungsheft. Darin wird ausführlich über die "Gestaltung des Wohnens" referiert. Verschiedene Wohnformen, entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen, sollten entwickelt werden, um unterschiedlichen sozialen Strukturen zu entsprechen. Darüber hinaus waren wohnhygienische Forderungen und eine "angemessene Wohnkultur" wesentliche Grundsätze. Die einzelnen Wohnformen waren das eingeschossige "Eigenheim" (also die Siedlerstelle), als Vier-Raum-Wohnung das zweigeschossige Eigenheim (mit etwa 120 qm Land) und die Mietwohnung als großstädtische Wohnform in drei- und mehrgeschossiger Bauweise. Um eine qualitativ hochwertige Mietwohnung bauen zu können, sollte die Gestaltung des Grundrisses besonderen wohnkulturellen Anforderungen entsprechen und damit eine "Steigerung des Wohnwertes" erreicht werden.
Die im Rahmen des Mietwohnungsbaues entwiickelten Prämissen bestimmten die Grundrißtypologie:
- keine dunklen Mittelflure,
- geringere Gebäudetiefen,
- bessere Ausgestaltung der Raumformen,
- Ausgleich für fehlende Verbindung zum Garten durch direkt belichteten Eingangsflur,
- geräumiger Wohnraum als Hauptaufenthaltsraum der Familie,
- Wohn- und Schlafräume möglichst über einen internen Wohnflur erschließen.

Die Vier-Raum-Musterwohnung
Das Reichsheimstättenamt der DAF organisierte zu dieser Thematik Ausstellungen. Die Musterwohnung "Führer-Typ" war u. a. auch auf einer Ausstellung in Düsseldorf im September 1941 zu sehen.
Vorhaben des staatlich geförderten Wohnungsbaus interessierten die Bevölkerung. Bereits nach zwei Wochen sollen 22.000 Bürger aller Bevölkerungsschichten die Ausstellung "Die Musterwohnung" im Stadtmuseum besucht haben. Außerdem seien im Rahmen dieser Ausstellung Schulungen für das Handwerk durchgeführt worden.
Diese Musterwohnung war komplett eingerichtet. Die Möbel hatte ein Architekt (Wilhelm Mohr) entworfen. Sie entsprachen den geplanten Normen und Raumgrößen, die auf der Basis bereits erwähnter Bedarfsberechnungen entwickelten worden waren. Auch die Kosten der einzelnen Möbelstücke bzw. -teile waren kalkuliert worden. Der Wohnraum war mit einer Sitzecke ausgestattet, wobei die Eckbank auch gleichzeitig als Behältnis (Truhe) benutzt werden konnte. Als Sitzmöbel war eine Couch so konstruiert, dass man die Polster umgruppieren konnte, um eine Liegefläche zu erhalten. Vorhänge an den Fenstern und der Polsterbezugstoff waren aufeinander abgestimmt. Außerdem befand sich in dem Wohnraum ein bequemer Ohrensessel (mit abknöpfbarem Kissen).
Im Wohnraum gab es auch noch eine Stehlampe an einem "Arbeitstisch". Beschrieben wird dies in einem Aufsatz in o. a. Zeitschrift (1941): "Aus Ohrensessel, Stehlampe und Arbeits- (Näh-) Tischchen fügt sich eine erholsame Arbeits- und Lesegruppe für die Hausfrau zusammen. Neben der erwähnten Stehlampe ist als Hauptbeleuchtung eine einfache Holzkrone über dem Eßtisch angeordnet. Ein in seiner Formgebung klarer Schrank bietet Raum für Wäsche, Geschirr und Bücher..." "Zu erwähnen ist ferner die Flureinrichtung mit sehr zweckmäßiger Garderobe für Erwachsene und Kinder.
Die Küche ist als reiner Zweckraum ausgebildet. Hier gibt es keine Unordnung. Auf gedrängtem Raum ist alles vorgesehen, was der Hausfrau die Arbeit erleichtert. Der an die Küche anschließende Küchenbalkon ermöglicht die vom Kochen getrennte Erledigung aller schmutzigen Arbeiten, wie Schuheputzen, Kleiderbürsten usw. Es ist heute erfreulicherweise schon eine Selbstverständlichkeit geworden, dass die Forderung nach ausreichendem Abstellraum weitgehend beachtet wird. Im vorliegenden Fall dienen diesem Zweck neben dem Balkon, der als Küchenbalkon ausgebildet ist, ein besonderer Abstellraum von 1,10 x 1,20 = 1,32 qm und ein Schuhschrank in der Fensterbrüstung der Diele. In gewissem Sinne kann auch der Raum für den Volkskühlschrank in der Kochküche und eine zweite Garderobennische für Kinder in der Diele dazugerechnet werden..."
Trotz aller kritischen Einwände ist solch realistische und umfassende Einschätzung und somit auch Wertschätzung der häuslichen Arbeit heute weder Grundlage für die Entwicklung von Förderrichtlinien im sozialen Wohnungsbau noch Kriterium für die Beurteilung von Wettbewerbsarbeiten durch die (männlichen) Fachpreisrichter (Architekten).
Bislang wurden in Wolfsburg in der Originalsubstanz vorhandene Wohnungen nicht im ursprünglichen Zustand erhalten. Wohnungen, die nicht vermietet sind, werden z. T. in ihrer Innenaufteilung stark verändert und erhalten eine für die damalige Zeit völlig fremde Raumausprägung (z. B. schräge Wände in den innenliegenden Fluren). Die Originalsubstanz geht auch durch das Verlegen neuer Elektrikleitungen und den Einbau sanitärer Elemente verloren. Heute sei "Standard", dass z. B. Badewannen eingemauert und gefliest werden. Hierarchisierte Räume wären gewünscht (nach dem bekannten Prinzip großer Wohnraum, kleiner Schlafraum, kleine Küche).
Somit gelten Originalwohnungen in der Ausstattung als minderwertig. Auch die Möblierungswünsche entsprächen nicht den vorhandenen Grundrissen. Große Schrankwände, Polstersessel-Garnituren, Fernsehapparate, Stereoanlagen mit Videoteil u. a. m. erdrücken die relativ gleich großen Räume.
Wohnen im Denkmal mit anderem (niedrigem?) Standard und Originalgrundrissen sei Mietern nicht zuzumuten bzw. die Wohnungen seien schlecht vermietbar, obwohl die Wohnflächen durchaus heutigen Größenordnungen im sozialen Wohnungsbau entsprechen.

Das Wohnumfeld prägt das Stadtbild
Die äußere Gestaltung der Wohngebäude sollte jedoch durch sogenannte Landschaftsnormen regional angepaßt werden. Diese Landschaftsnormen beinhalteten örtliche Besonderheiten, wie z. B. den Gebrauch bestimmter Werkstoffe, Dachformen, Hinweise zur ortstypischen Gestaltung von Haus- und Wohnungseingangstüren, Fensterstöcken und -läden u. a. m.
Das Landschafts- und Ortsbild war wichtiges Kriterium, um eine attraktive Wohnanlage zu erreichen. Dazu schreibt ein Referent beim Reichskommissar für den sozialen Wohnungsbau: "Diesem Erholungsbedürfnis ist durch Anlage ausreichend breiter Bürgersteige Rechnung zu tragen, ja, es kann sich empfehlen, gewisse Straßenzüge, die regelmäßig einen stärkeren Fußgängerverkehr erwarten lassen, besonders als Spazierwege auszubilden (Bänke, Aborte, Fernsprecher u. dgl.). Eine befriedigende Belüftung und Belichtung der anliegenden Häuser bis zum Erdgeschoß muß auch bei dem Vorhandensein von Straßenbäumen gesichert sein. Die Straßen müssen staubfrei und geräusch- und erschütterungsarm sein."
Besonders auf die Hausfrau und Kinder als Hauptnutzer wurde bei der Ausbildung des Straßenraumes Rücksicht genommen: "Über die für den verkrafteten Verkehr erforderlichen Maßnahmen darf die Forderung für den Radfahrverkehr nicht vernachlässigt werden es ist - zumal bei weiträumiger Bebauung - durchaus damit zu rechnen, dass auch der Radfahrverkehr zunimmt. Der Schulweg, der Weg zum HJ-Heim und zum Sportplatz, ggf. auch zum öffentlichen Verkehrsmittel, wird weitgehend mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Auch die Hausfrau wird sich zu ihren Wegen in zunehmendem Maße des Fahrrades bedienen. Diese Tatsache tritt schon heute deutlich in die Erscheinung und wird sich noch mehr durchsetzen, wenn bei weiterer Einführung des Kraftwagens generell eine Änderung im Geschwindigkeitsgefühl eingetreten sein wird. Die Radfahrer brauchen aber, wie die Unfallstatistik zeigt, einen besonderen Schutz..."
Diese städtebaulichen Planungsansätze wurden in der "Stadt des KdF-Wagens" im 1. Bauabschnitt berücksichtigt, jedoch sind auch diese Qualitäten im Außenraum verlorengegangen.    

weiterführende Literatur:

Kautt, D. Wolfsburg im Wandel städtebaulicher Leitbilder, 1989

Harlander, T./Fehl, G. (Hrsg.) Hitlers Sozialer Wohnungsbau, 1940 - 1945, 1986

Recker Die Großstadt als Wohn- und Lebensbereich im Nationalsozialismus, 1981

Alverdes, L. Ich kann alles, 1937

Siegfried, J. Wolfsburger Stadtgeschichte in Dokumenten, Bd. 7, 1982
 
Publikation

Vortrag an der Fachhochschule Hildesheim 1995:
Wohnungsbau der 40er Jahre
in Wolfsburg




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