Veranlassung und Aufgabenstellung (Auszug aus einer Stellungnahme an die Stadt Werder im Mai 2002)
"Für das o. a. Wohnhaus wurde vom dem Eigentümer der Antrag auf eine sanierungs- und denkmalrechtliche Genehmigung gestellt. Er wollte sein - seit 1993 - fachwerksichtiges Obergeschoss an der Straßenseite und den Nordgiebel seines Wohnhauses verkleiden. Aufgrund des schlechten Zustandes des Fachwerks war zuerst jedoch eine Reparatur geboten.
Da dieser Antrag des Eigentümers, das Verkleiden des Fachwerks an der Fassade /Hülle) der Gestaltungssatzung der Stadt Werder widerspricht, wurde während einer Anhörung am 14. Mai 2002 von der Stadt Werder Nachweise verlangt: Ob die Kosten für eine umfassende, fachgerechte Sanierung des Fachwerks höher sind, wenn die Fachwerkkonstruktion nach erneuter Sanierung bzw. Erneuerung fachwerksichtig bleibt.
Um die gebotenen Baumaßnahmen einschätzen zu können, wurden die Holzverkleidungen an den Balkenköpfen und entlang der Schwelle bzw. Rähm über dem Erdgeschoß abgenommen. Darüber hinaus wurden auch im Inneren des Erdgeschosses Putzdecken geöffnet, um die Balkenauflager zu sehen und den Umfang des Pilzbefalls genauer einschätzen zu können.
Die bauphysikalische Prüfung der Holzersatzmasse, die auf die FW-Hölzer vor ein paar Jahren vorher aufgetragen worden war, erwies sich als schwierig. Um sicher zu gehen, sollte der Holzgutachter Messungen durchführen.
Ein ca. 6 x 6 cm großes Probestück der sog. Holzersatzmasse, also der verwendeten Spachtelmasse, abzunehmen, ohne die Oberfläche zu zerstören, gelang nicht. Kein Werkzeug ermöglichte eine zerstörungsfreie Abnahme. Bohrer wurden sofort stumpf. Andere Werkzeuge griffen gar nicht bzw. beschädigten die Oberfläche des gewünschten Probestückes. Deshalb konnten keine „Diffusionsmessungen“ hinsichtlich der Wasserdampfdurchlässigkeit dieses mit Aidol behandelten Holzstückes in Auftrag gegeben werden. Nach nochmaliger Rücksprache mit der 1993 beauftragten, bauausführenden Firma aus Werder, die die Spachtelmasse aufgetragen hatte, wurde davon ausgegangen, daß die sog. Holzersatzmasse namens Aidol (Firma Reimers) auch tatsächlich verwendet wurde.
Maßnahmen zur Instandsetzung
Straßenfassade
Die Standfestigkeit des Gebäudes war weiterhin gegeben, wenn wieder kraftschlüssige Verbindungen (Stiel – Schwelle) hergestellt und die Balkenköpfe fachgerecht ersetzt würden. Die gemauerten Gefache mussten nicht herausgenommen werden. Um Rähm und Balkenköpfe dann dauerhaft zu schützen, wäre ein „Hochziehen“ des verputzten, vorspringenden Erdgeschosses anzustreben. So hätte man u. a. auch eine fachgerechte Sturzausbildung über der Hauseingangstür und den Fenstern im Erdgeschoß erreicht.
Problematisch waren beim angestrebten Erhalt der Fachwerksichtigkeit die horizontalen Fugen (Riegel). Hier hätten die Putzfugen vergrößert werden müssen, um die Hölzer dann abschrägen zu können. Danach wären diese wieder bündig mit dem Riegel mit Putz anzuarbeiten. Weitaus schwieriger bzw. als nicht lösbar wurde die erforderliche Entfernung des großflächig aufgetragenen Aisol-Materials eingeschätzt. Es wurde ausprobiert, wie der auf sämtlichen Ständern und auch z. T. auf Riegeln aufgetragene Holzersatzstoff (Idol) entfernt werden konnte.
Rückfragen beim Hersteller (Fa. Remmers) ergaben, daß diese Masse nicht wasserdampfdiffusionsfähig ist, also absolut dicht. Dieses Material ist überhaupt nur mechanisch mit grobem Gerät zu entfernen. Das bedeutete, daß sämtliche Stiele in Ihrem Aussehen/Oberfläche noch mehr als bisher geschädigt würden.
Eine erneute Aufdoppelung kam aus konstruktiven und finanziellen Gründen nicht in Frage (u. a. auch Gewicht!).
Nordgiebel
Am Giebel über dem Erdgeschoß war auch aufgrund des ähnlichen Schadensbildes aus bauphysikalischen Gründen die Aidolmasse zu entfernen. Danach sollte der Giebel verkleidet werden. Eine Lächenholzschalung wurde empfohlen, da dieses Lärchenholz als hinterlüftete Konstruktion eine optimale Schutz“hülle“ bedeutete. Außerdem wäre dann die geschädigte Schwelle (über dem EG) auch dauerhaft gegen Witterungseinflüsse geschützt.
Empfehlungen / Folgerungen
Die o. a. Befunde belegten die umfangreichen Schädigungen der seit ca. neun Jahren wieder fachwerksichtigen „Hülle“ an der West- und Nordseite des Wohnhauses. Um auch weiterhin ein fachwerksichtiges Obergeschoss zu haben, hätten die Hölzer des Fachwerks, also die Stiele und Riegel, ausgetauscht werden müssen. Dies wäre extrem teuer geworden.
Bei dem Wohnhaus handelt es sich nicht um ein Baudenkmal. Die Originalsubstanz ist (vgl. Gutachten) durch nicht werkgerechte Behandlung im Jahre 1993, vor allem durch die Verwendung des Holzersatzstoffes Aidol, irreparabel geschädigt worden. In welcher Art die Fassade zu behandeln war, hängt vom „Zeitgeist“, aber auch von persönlichen geschmacklichen Präferenzen der Entscheidungsträger ab.
Da die Gestaltungssatzung der Inselstadt Werder jedoch eine Verkleidung von Fachwerkkonstruktionen nicht erlaubt, wurde eine Ausnahme bzw. Befreiung von dieser Satzung beantragt." |