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Bundesbaugesetze verstehen und anwenden Dieser Aufsatz skizziert die rechtlichen Grundlagen von Planen und Bauten in der Bundesrepublik und der ehemaligen DDR und die Erfahrungen mit ihnen in der Sanierungspraxis der Nachkriegszeit. Am Ende steht der Versuch Perspektiven einer zukünftigen Stadterneuerung, in der auch frauenspezifische Interessen Berücksichtigung finden, aufzuzeigen. Der Beitrag ist als Einstieg vor allem für Fachfrauen in der DDR gedacht, die sich mit der Theorie und Praxis von Planen und Bauen in der Bundesrepublik vertraut machen müssen. 1. Das Städtebaurecht in der Bundesrepublik1.1 Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht Schon 1951 beschloss der Deutsche Bundestag, ein Baugesetz erarbeiten zu lassen. Dieses Baugesetz sollte das gesamte Baurecht, also vor allem das Bodenrecht, das Umlegungsrecht (Neufestlegung von Grundstücksgrenzen) und das Planungsrecht behandeln. Es gab verfassungsrechtliche Bedenken. Man fragte sich, ob der Bund für all diese Rechtsgebiete überhaupt zuständig sein. Das Bundesverfassungsgericht erarbeitete 1956 ein Rechtsgutachten. Eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Baurecht insgesamt wurde abgelehnt. Für einzelne Gebiete wurde seine Zuständigkeit definiert. Darauf baut sich nun das gesamte Baurecht auf. Das städtebauliche Planungsrecht wurde in die Zuständigkeit des Bundes verwiesen. Dieses Gesetzeswerk (Bundesbaugesetz, heute: Baugesetzbuch) behandelt die rechtliche Qualität des Bodens. Es trifft Aussagen über die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde. Das Bauordnungsrecht bleibt Angelegenheit der Bundesländer. Jedes Bundesland besitzt eine eigene Bauordnung. Die einzelnen Bauordnungen wurden auf der Grundlage einer sogenannten Musterbauordnung erarbeitet. Dieses Gesetz beschreibt Anforderungen, die an „bauliche Anlagen“ gestellt werden. Bauliche Anlagen sind Gebäude, aber eben auch Campingplätze oder Stellplätze (Definition siehe entsprechende Bauordnung). Für jedes Bauvorhaben muss ein Bauantrag gestellt werden. Diese Antragsunterlagen muss ein bauvorlagenberechtigter Architekt einreichen. Die untere Bauaufsichtsbehörde erteilt die Baugenehmigung im Einvernehmen mit der Gemeinde. Diese Baugenehmigungsbehörden sind bei den Landkreisen oder bei größeren Städten in de Stadtverwaltung zu finden. Die Bauplanung, für die die Kommune zuständig ist, wird rechtlich aus drei Gesetzeswerke abgeleitet bzw. findet sich in ihr wieder: Das Bundesbaugesetz bzw. das Baugesetzbuch Das Bundesbaugesetz gibt es seit dem 23.06. 1960. Es wurde mehrmals geändert und schließlich als Baugesetzbuch verabschiedet. Am 01.07.1987 trat das neue Baugesetzbuch in Kraft. Das bislang separat im Städtebauförderungsgesetz geregelte Sanierungsrecht wurde in dieses Baugesetzbuch integriert. Die Baunutzungsverordnung Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau wird im Baugesetzbuch ermächtigt mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften über „Art und Maß der baulichen Nutzung“ zu erlassen (vgl. § 2 (4) BauGB). Das Sanierungsrecht kann besser diesen Vorstellungen entsprechen, um den Planungsanforderungen zukünftig auch gerecht zu werden. Das Städtebauförderungsgesetz Dieses Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden, genannt Städtebauförderungsgesetz, vom 27.07.1971 behandelt Maßnahmen deren einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung im „öffentlichen Interesse“ liegt. Worin dieses „öffentliche Interesse“ im jeweils konkreten Fall liegt muss von Fall zu Fall entschieden werden. Man spricht bei diesem Gesetz von einem Sondergesetz. Es entspricht nicht der üblichen Rechtsystematik, weil es nur für eine ganz bestimmte Zeit und für einen ganz bestimmten Bereich anzuwenden ist. Die Anwendung des Gesetzes ist für bebaute, abgegrenzte Bereiche innerhalb eines Gemeindegebietes sinnvoll. Das Gesetz regelt alle Verfahrensschritte, die erforderlich sind, um „städtebauliche Missstände“ in solch einem Gebiet zu beseitigen. Darunter versteht man vor allem ungesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder die unzulängliche bauliche Beschaffenheit von Gebäuden und anders mehr. Die Gemeinde hat verschiedene Möglichkeiten, Sanierungen durchzuführen. Das sind vor allem die nach Baugesetzbuch zu unterscheidenden unterschiedlichen Möglichkeiten des vereinfachten Verfahrens und des Verfahrens unter Anwendung besonderer sanierungsrechtlicher Vorschriften. Darüber hinaus kann durch Erhaltungssatzung, durch Dorferneuerungsprogramme Sanierung betrieben werden. Das Sanierungsrecht ermöglicht, dass unterschiedliche Förderprogramme durch Finanzierungswege sinnvoll gebündelt und auch tatsächlich in Anspruch genommen werden können. Die öffentliche Förderung war nur als Anschubfinanzierung gedacht. Private Eigentümer sollten motiviert werden, durch verschiedene Maßnahmen eigene Investitionsanstrengungen zu unternehmen, um die Qualität des städtebaulichen Bereiches zu verbessern. Tatsächlich trifft folgendes ein: Die Kommune muss oft Grundstücke und Gebäude kaufen, um die Parzellen neu ordnen zu können. Zuerst zahlt also die Gemeinde teurere Grundstückspreise als angenommen, und dann muss sie noch einen Teil der Sanierung selbst finanzieren. Die Zahlungen des Ausgleichsbetrages sollte die Lösung sein: Nach Abschluss von Sanierungsmaß-nahmen muss der Grundstückseigentümer einen Ausgleichsbetrag zahlen. Ziel der Sanierung ist, gesunde Wohn- und Lebensverhältnisse in solchen Gebieten her- bzw. wiederherzustellen, die aus städtebaulichen, baulichen und sozialen Gründen heutigen Ansprüchen nicht gerecht werden. Dabei sind die sogenannten „Ordnungsmaßnahmen“ (verg. § 157 BauGB) Aufgaben der Gemeinde. Die Finanzierung dieser Maßnahmen ist durch die Kommune zu tragen. Ursprünglich sollten diese Ordnungsmaßnahmen die Initiative für bauliche Vorhaben wecken. Was versteht man unter Ordnungsmaßnahmen? Es sind vor allem der Abbruch baulicher Anlagen, aber auch der Umzug von Bewohnern und Betrieben, die Umlegung und anderes mehr zu verstehen. Der gesamte Bereich der öffentlichen Erschließung ist besonders wichtig in diesem Zusammenhang. Viele Kommunen leisten sich auf diese Weise ihre Tiefgaragen und breite Straßen. Zu den eigentlichen baulichen Vorhaben, die der Eigentümer selbst zu finanzieren hat, gehört sowohl die Neubebauung, als auch die Modernisierung bzw. Instandsetzung der Wohnhäuser und anderer Gebäude. Vor Beginn von Sanierungsmaßnahmen ist ein Kosten- und Finanzierungsübersicht zu erstellen. Bislang haben Bund und Länder einen großen Teil dieser Kosten (je ein Drittel) getragen. Da der Eigentümer von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet bodenrechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, (es gibt den Sanierungsvermerk im Grundbuch), können ihm aber auf der anderen Seite Fördermittel zu Verfügung gestellt werden (vgl. § 245 BBauG). Dieses Gesetz ist ein kompliziertes und auch für erfahrene Planende ein schwer handhabbares Gesetz. Selbst in großen Städten, wo Verwaltungen eigene Sanierungsverwaltungsstellen haben, gibt es immer wieder Probleme bei der gerechten und angemessenen Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften. Ungleich schwerer ist es für kleinere Städte und Gemeinden in den ländlichen Räumen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. In Niedersachsen, aber auch in den anderen Bundesländern, gibt es zum Beispiel neben dem Baugesetzbuch noch landesrechtliche „Städtebauförderungsrichtlinien“, die ununterbrochen ergänzt und geändert werden. Diese Richtlinien beziehen sich wiederum auf die Verfahrensvorschriften zum Bundesbaugesetz/Baugesetzbuch. Ein Beispiel, wie man trotzdem an Gelder kommt, bietet eine Kommune in Niedersachsen, die unbedingt eine Brücke bauen wollte, die aber nicht im Sanierungsgebiet lag. Nach Gesprächen mit dem zuständigen Minister wurde diese Brücke doch zur Hälfte aus Sanierungsmitteln gefördert. Diese Entscheidung wurde dann sogar über die höhere Verwaltungsbehörde (Bezirksregierung) weitergegeben. Da diese Bezuschussung nach den o. a. Richtlinien gar nicht zulässig ist, erscheinen in der Praxis diese ausgetüftelten, komplizierten Verwaltungsvorschriften oft als absurd. 5. Der SanierungsträgerIn der Regel bedienen sich Gemeinden bei der Durchführung der Sanierung eines Sanierungsträgers. Die Kommune schließt mit diesem Sanierungsträger einen Treuhändervertrag ab. In dem Vertrag werden die Aufgaben des Treuhänders festgelegt. Da bis in die 70er Jahre Sanierung in der Bundesrepublik nahezu identisch war mit Abriss und Neubebauung, wurde auch seitens des Gesetzgebers den sozialen Belangen in ihrer großen Differenziertheit wenig Bedeutung zugestanden. Rechtliche Regelungen für die Einbeziehung der Interessen von Mietern bei der Sanierung gab es kaum. Erst auf äußerst massiven Druck konnten weitere Flächenabrisse und damit weitere Zerstörungen der gewachsenen Stadtstrukturen verhindert werden, und es entstand eine öffentliche Diskussion. Beigetragen haben dazu in Berlin die vielen Hausbesetzungen und auch Wirtschaftlichkeitsüberlegungen der Hauseigentümer und Wohnungsbaugesellschaften. Die Bewältigung der angesprochenen Probleme bei Stadterneuerungsvorhaben soll der „Sozialplan“ leisten. Das Gesetz verpflichtet die Gemeinden bzw. auch den Sanierungsträger, möglichst frühzeitig die beabsichtigte Planung mit allen Betroffenen zu erörtern. Das bedeutet also: Planung mit den Betroffenen in langen, komplizierten Prozessen. Tatsächlich gestaltet sich die Anteilnahme an Sanierungsplanung sehr unterschiedlich. Die soll am Beispiel verdeutlicht werden. Schon bald gab es in Berlin eine große Bandbreite an Bürgerbeteiligungen, besonders in den Sanierungsgebieten im Bezirk Kreuzberg. Abb. 1 zeigt das „Modell der Betroffenenmitwirkung im Mai 1979“, das von dem Sanierungsträger entwickelt wurde und das zeigt, wie versucht wurde, die verschiedensten Interessen zusammenzufassen und Beteiligungsmodalitäten zu entwickeln. Das Gesetz schreibt Abläufe vor, die „Verfahren“ genannt werden. In ihrer ganzen Kompliziertheit können sich hier nicht dargestellt werden, aber auf die wesentlichen Schritte soll kurz eingegangen werden: 7.1 Die vorbereitenden UntersuchungenBevor ein Untersuchungsgebiet als Sanierungsgebiet festgelegt wird, sind Bestandsaufnahmen verschiedenster Art erforderlich. Das sind zum Beispiel Erhebungen über die Wohnverhältnisse, den Bestand an Gewerbe, Wünsche und Vorstellungen aller von der Sanierung Betroffener werden untersucht. Diese Erkenntnisse werden ausgewertet und beurteilt. Hinzu kommen alternative Überlegungen zu Maßnahmen, die die so genannten städtebaulichen Missstände beseitigen sollen. Auch die Mitwirkungsmöglichkeit und die Einstellung der betroffenen Bevölkerung muss in den Untersuchungen ermittelt werden. Diese Untersuchungen münden dann in einem „Bericht über das Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen“. Dieser Bericht ist von großer Bedeutung, da er die Grundlage für sämtliche zukünftigen Beschlüsse der Gemeinde bildet. Auch die höhere Verwaltungsbehörde prüft die späteren Anträge anhand dieses Berichtes. Er ist auch Entscheidungsgrundlage für die „förmliche Festlegung“ eines Sanierungsgebietes. 7.2 Die förmliche FestlegungEs gibt prinzipiell zwei Möglichkeiten. In der vereinfachten Form: Dieses Verfahren ist bei städtebaulichen Erneuerungen von Dörfern oder bei ausschließlichen Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten ab vorhandenen Gebäuden besonders geeignet. Da bodenordnerische Maßnahmen entfallen, benötigt man nicht unbedingt einen Sanierungsträger. Als Satzung Dies ist die übliche Form. Die Satzung hat Gesetzeskraft und muss, nachdem die Kommune sie beschlossen hat, von der zuständigen höheren Verwaltungsstelle genehmigt werden. Danach wird sie ortsüblich bekannt gegeben. Das heißt in der Regel, dass die lokalen Tageszeitungen die entsprechenden Angaben veröffentlichen. Auch das Grundbuchamt muss in Kenntnis gesetzt werden. Eines der größten Probleme bei der städtebaulichen Neuordnung, besser noch städtebaulichen Veränderung, sind die Steuerungsmöglichkeiten durch die Gemeinde. Ich bin der Auffassung, dass es eine Reihe von Steuerungsmöglichkeiten gibt, die nur sinnvoll eingesetzt und von den an der Sanierung beteiligten Planungsämtern beherrscht werden müssen. Viele Vorgänge sich beispielsweise im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet genehmigungspflichtig: Die Kommune muss Grundstücksverkäufen zustimmen. Auch Teilungen von Grundstücken sind ohne Zustimmung der Kommunen nicht möglich. Sämtliche Maßnahmen, die Wert steigernd sind, d. h. also Veränderung der Grundstücke selbst bzw. die Errichtung, Änderung und Beseitigung baulicher Anlagen, sind genehmigungspflichtig. Wenn die Gemeinde diese Genehmigung versagt, weil die beabsichtigte Maßnahmen den Zielen der Sanierung widersprechen, die als Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen formuliert worden sind, so kann der Eigentümer ein Übernahmeverlangen aussprechen. Darunter ist zu verstehen, dass es ihm unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zumutbar ist, das Grundstück zu behalten. Was unter „wirtschaftlicher Zumutbarkeit“ zu versehen ist, wird im Einzelfall dann auch gerichtlich geklärt, wenn die beiden Partner sich nicht einig werden. 7.3 Bebauungsplan bzw. SanierungsplanSanierung bedeutet, dass eine Veränderung der gegebenen städtebaulichen Situation eines abgegrenzten Bereiches beabsichtigt ist. Die Durchführung, also die Realisierung, ist grundsätzlich Sache der Eigentümer bzw. Bauwilligen. Bei der Sanierungsplanung müssen genaue Aussagen über diejenigen Maßnahmen gemacht werden, die die Gemeinde veranlassen und durchführen will. Es handelt sich letztlich also um eine Durchführungsplanung für einen bestimmten Zeitraum. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass keine Pflicht mehr besteht, in Sanierungsgebieten so genannte Bebauungspläne aufzustellen. Solch ein Bebauungsplan stellt im rechtlichen Sinne auch ein Gesetz dar. Er wird als Satzung beschlossen. Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Bebauungsplan, der die planerische Grundlage für ein mehrere Jahre laufendes Sanierungsverfahren sein wird, des Öfteren geändert werden muss. Das ist sehr aufwändig, da es sich immer um ein Verfahren nach dem Baugesetzbuch handelt, so das mit städtebaulichen Rahmenplänen flexibler auf neue Situationen eingegangen werden kann. Dieser städtebauliche Rahmenplan bindet nur die Gemeinde, wie zum Beispiel auch der Flächennutzungsplan. Der Rahmenplan hat den entscheidenden Vorteil, daß er jederzeit an die neuen Gegebenheiten angepasst werden kann. Abb. 3 zeigt einen solchen Rahmenplan für ein Sanierungsgebiet in Berlin-Tiergarten. Solch ein Rahmenplan muss vor allem für die Bürgerinnen und Bürger anschaulich sein, indem er Aussagen für sämtliche relevanten Vorhaben in dem Gebiet zeigt. Abb. 4 veranschaulicht ein Modell der „Freimachungsstufen“, d. h. wann welche Wohnungen sanierte werden und welche Mieter zu welchem Zeitpunkt umziehen müssen. Die einzelnen Bauabschnitte kristallisieren sich dadurch heraus. Auf dieser Grundlage kann mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern diskutiert werden. Das Modell der „Freimachungsstufen“ wurde als ein Beitrag des Sozialplanes entwickelt. Praktisch ist ein von der Gemeinde beschlossener und veröffentlichter Rahmenplan, auch wenn er keine rechtlichen Festlegungen trifft, von großer politischer Bedeutung. Er dokumentiert die städtebaulichen Absichten der Mehrheit der gewählten Ratsmitglieder. Da Bund und Länder den größten Teil der öffentlichen Mittel bereitstellen, ist der Rahmenplan entscheidend. Aber jeder Plan wird letztlich von den betroffenen Bürgern, von Architekten, Stadtplanern, Soziologen usw. gemacht. Abb. 5 zeigt eine Möglichkeit der Realisierung des Sanierungskonzeptes in Berlin-Tiergarten als isometrische Darstellung. In der Regel wird nach Beendigung der Neuordnung der Grundstücke, nach der Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden und auch der Neugestaltung von Freiräumen der Zweck der Sanierung prinzipiell erreicht sein. Es kann jedoch schon vorher die Sanierung für einzelne Grundstücke als abgeschlossen erklärt werden. Das ist für viele Eigentümer von großer Bedeutung, da die Grundbucheintragung gelöscht wird. Das Grundstück ist also dann in jeder Hinsicht wieder frei verfügbar. Nach Abschluss der Sanierung besteht die Pflicht, so schreibt es der Gesetzgeber vor, die bereits erwähnten Ausgleichsbeträge zu erheben. Davon kann nur abgesehen werden, wenn durch die Sanierung der Verwaltungsaufwand höher ist als die erwartete Abschöpfung oder aber, wenn keine nennenswerte Bodenwerterhöhung erfolgt ist. Dieser Betrag muss aber nicht unbedingt sofort gezahlt werden. Es besteht der Rechtsanspruch, diesen Ausgleichsbetrag in ein Tilgungsdarlehen umwandeln zu lassen, wenn die sofortige Rückzahlung unzumutbar ist. Die Kommune hat auch Möglichkeiten, Verzinsung und Tilgungssatz angemessen herabzusetzen. 8.1 Zur rechtlichen Situation Unter dem Betriff „komplexe Rekonstruktion“ wurde die Erneuerung von größeren, zusammenhängenden Bereichen (Blöcken oder Straßenzügen) vor allem von Gründerzeitquartieren verstanden. Dieser Begriff wurde in Berlin-Ost erstmals auf der 22. Tagung der Standbezirksversammlung Berlin-Mitte vom 27. 11. 1969 für den „Arkonaplatz“ benutzt. Dieses Vorhaben sollte als Modell für die Rekonstruktion und Modernisierung der Altbaugebiete in Berlin dienen. Entscheidend für städtebauliche Überlegungen war, dass bei allen rechtsgeschäftlichen Erwerbsvorgängen der Staat zu Durchsetzung seiner Interessen ein Vorerwerbsrecht hat. Dafür gab es eine Frist von acht Wochen. Der Eigentumsübergang war auch an die Grundbucheintragung gebunden. Eine weitere Besonderheit in diesem Zusammenhang war die Möglichkeit der staatlichen Behörden, eine Aufbauhypothek anzuordnen. Vom Staat konnten also Baumaßnahmen angeordnet werden, z. B. durch die Verordnung über die Finanzierung von Baumaßnahmen „zur Schaffung und Erhaltung von privatem Wohnraum“ vom 28. 04 1960. Zur Vorbereitung und Durchführung von Bauaufgaben gab es überall einheitliche Regelungen. Wettbewerbe im Bereich der Sanierung wurden nicht durchgeführt. Die einzelnen Planungsabläufe waren rechtlich in der „Verordnung über die Vorbereitung von Investitionen“ geregelt. Hier unterschied man vier Phasen, wobei die zweite Phase (Investitionsvorentscheidung) vor allem schon Standortgenehmigungen und ein Angebot für die „Projektierungsleitung“ enthielt. Die Altbaugebiete – Anfang der 70er Jahre noch lange nicht so verwahrlost und desolat wie heute – waren im gesellschaftlichen Alltag und in der Staatspolitik kulturell völlig entwertet worden. Die Baupolitik konzentrierte sich ausschließlich auf den industrialisierten Wohnungsneubau am Rande der Städte. In den Altbaugebieten war und ist der Anteil an privatem Hauseigentum immer noch hoch. Das hatte bislang jedoch überhaupt keinen positiven Einfluss auf einzelne Stadterneuerungsmaßnahmen ausgeübt, da bei den niedrigen Mieten, die festgelegt waren, nicht einmal einfachste Instandsetzungsarbeiten finanzierbar waren. Weitere Gründe waren, dass nicht ausreichend Baukapazitäten und Baumaterialien zur Verfügung standen. Auch die Heimwerker hatten kaum Gelegenheit, sich in den gefragten Gewerken zu qualifizieren. Hinzu kam, dass es Schwierigkeiten bei der Einschätzung der überkommenen Baukultur gab. Wertvolle Altbauten in den Mittel- und Kleinstädten – ganze, in Jahrhunderten gewachsene Stadtzentren – wurden entweder abgerissen oder über Jahre hinweg einfach dem Verfall preisgegeben. Noch Ende der 70er Jahre fand diese Gesinnung und Baupolitik eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung und in der Architekturlehre. Auch dann, wenn Baukapazitäten zur Verfügung standen, waren Baumaßnahmen das Resultat von Beschlüssen der gewählten zuständigen Räte, was heißt, dass auch diese keinen Anlass sahen, sich gegen die offizielle und öffentliche Meinung zu stellen. Vordringlichste Aufgabe ist aus meiner Sicht, eine funktionierende kommunale Verwaltung zu organisieren, die den Erhalt und die Reparatur des noch vorhandenen Altbaubestandes sofort in Angriff nimmt. Parallel zu den baulichen Instandsetzungsarbeiten sind Stadtteilentwicklungspläne aufzustellen. Diese können dann später auch in Flächennutzungspläne umgesetzt werden. Vor Abschluss dieser städtebaulichen Planungsleistungen sind Entscheidungen über wesentliche Nutzungsänderungen zu vermeiden. Dem hohen planerischen und verwaltungstechnischen Aufwand kann in den nächsten Jahren bei Sanierungsdurchführungen nicht entsprochen werden. Bei Sanierungsvorhaben sollten bodenordnende Maßnahmen vorerst nicht in Angriff genommen werden. Ein intensiver Erfahrungsaustausch zwischen allen Beteiligten könnte völlig neue Ansätze von Zusammenarbeit und damit auch für die Bewohner bessere Lebensbedingungen ermöglichen 10. Ansätze für besser Mitwirkungsmöglichkeiten von Frauen in der StadterneuerungMitwirkung ist nur dann wirkungsvoll, wenn sie in den rechtlichen vorstrukturierten Ablauf von Sanierungen auch formal eingeordnet wird. kommunalen Bereiche, die Verwaltungen, die Sanierungsträger (das sind meistens große Landesentwicklungsgesellschaften oder Wohnungsbaugesellschaften mit stark ausgeprägten frauenfeindlichen Strukturen und Denkansätzen) und auch die Geldgeber Bund und das jeweilige Land. Diesen sind in der konkreten Förderungsabwicklung die Mittelbehörden, das sind in Flächenländern die Bezirksregierungen, zugeordnet. In diesen Bereichen müssen Fachfrauen arbeiten, hier ist dringend Bedarf anzumelden. In diesen Institutionen wird entschieden, was förderwürdig ist. Innerhalb dieser Institutionen wird die Möglichkeit eröffnet, frauenspezifischen Belangen Rechnung zu tragen. Im Rahmen ihrer Planungshoheit werden den Städten und Gemeinden die städtebaulichen Ziele und Konzepte, aber auch die Förderung von privaten Einzelmaßnahmen, bestimmt. In diesen Entscheidungsgremien müssen Fachfrauen mitarbeiten. Im Ostteil der Stadt Berlin werden zurzeit in den einzelnen Bezirken Sanierungsverwaltungsstellen eingerichtet. Das sind einmalige Chancen. In den Kommunen können Kommissionen gebildet werden, die über Förderwürdigkeit von einzelnen Projekten von der Grundrissgestaltung bis zum Außenraum entscheiden sollen. Auch bei den vorbereitenden Untersuchungen, die in vielen Städten jetzt beginnen, sollten diese Kommissionen begleitend tätig sein. Am einfachsten wäre ein Beginn bei den so genannten fünf Modellstädten, die hohe Fördermittel für Sanierungen vom Bund erhalten haben. Das sind die Städte Brandenburg, Halberstadt, Stralsund, Görlitz und Meißen. Anlaufpunkt könnten die Gleichstellungsbeauftragten sein, die auf gutachterlicher Ebene mit Frauen zusammenarbeiten. Da es diese Einrichtungen in den Städten der ehemaligen DDR noch nicht gibt, könnten die Partnerstädte auf diesem Gebiet zusammenarbeiten, d. h. zum Beispiel die Gleichstellungsbeauftragte von Wolfsburg könnte versuchen, diese Belange in Halberstadt und gegenüber dem Sanierungsträger, hier Niedersächsische Landesentwicklungsgesellschaft, geltend zu machen und an Ort und Stelle Arbeitsgruppen zu bilden. Zwischen den treuhänderischen Aufgaben eines Sanierungsträgers und den eigentlichen Planungsaufgaben sollte strikt unterschieden werden. Die Förderrichtlinien sind dahingehend zu ändern, dass auch Mitarbeiterinnen, die bei Kommunen angestellt sind, finanziert werden können.
Literatur BauGB-BBauG/StBauFG, (Baugesetzbuch-Synopse) Textausgabe, Bonn 1987
Verzeichnis der Abbildungen
Abkürzungen: BauGB Baugesetzbuch BauNVO Baunutzungsverordnung StBauFG Städtebauförderungsgesetz BBauG Bundesbaugesetz |
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