Das Heilig-Geist-Gemeindezentrum in Wolfsburg – Sanierung des Glockenturmes In Wolfsburg wurde Ende der 50er Jahre infolge des Anwachsens der Stadt nach den Gründungsplänen des Stadtplaners Peter Koller der Südhang des Klieversberges bebaut. 1851 gründete sich dort eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde, die den finnischen Architekten Alvar Aalto mit der Planung eines neuen Gemeindezentrums betraute.
Aalto war zur selben Zeit im Auftrag mit dem Bau des Kulturzentrums – von der Stadt Wolfsburg – beschäftigt. Parallel zur Besiedlung des Stadtteils Klieversberg / Eichelkamp wurde nun das neue Gemeindezentrum unter der Leitung des finnischen Architekten errichtet. Im Jahr 1964 war dann auch der dazugehörende Kindergarten fertig gestellt.
Der Architekt Alvar Aalto, der im Jahre 1898 in Finnland geboren wurde und dort sein Leben lang sein Hauptbetätigungsfeld hatte, gehört zu den berühmtesten Architekten dieses Jahrhunderts. Er gilt als Vertreter der „funktionalen Architektur“, die bereits in den Jahren 1925 bis 1940 ihre ersten Höhepunkte hatte.
Beim Gemeindezentrum handelt es sich um ein sehr „junges“ Baudenkmal, das aus vier Baukörpern besteht, die jede für sich eine Funktion erfüllen: Kirche, Gemeinde- und Pfarrhaus und Kindergarten. Diese sind einander zugeordnet und umschließen einen hofartigen Innenraum, der zur Straße durch den „Campanile“, den frei stehenden Glockenturm (ohne Glockenstube), abgeschirmt wird.
Dieser Turm wurde damals aus Stahlbeton erstellt und mit einem weißen Anstrich versehen.
Aufgrund verschiedenster Umwelteinflüsse und auch infolge der extremen Geometrie dieses Turmes war eine Betonsanierung geboten. Zur Spendenaktion hatte die
ev.-lutherische Kirchengemeinde Heilig-Geist, vertreten durch den Vorstand, im August 1998 - im Jahr des hundertsten Geburtstages des Architekten – aufgerufen. Finanziert haben die Sanierung schließlich die Stadt Wolfsburg, das Volkswagenwerk und die Kirche.
Ursprünglich war vom federführenden Amt für Bau- und Kunstpflege Celle vorgesehen, die Betonsanierung entweder durch das Aufbringen einer Spritzbetonschale von 4 bis 5 cm oder durch eine Dünnbeschichtung vorzunehmen. Es wurden drei Musterflächen am Fuße des Turmes angebracht, die zu einem anberaumten Ortstermin am 31. März 1999 begutachtet werden sollten.
Dazu lud auch der seit einem Jahr bestehende Verein Alvar Aalto Zentrum Deutschland e.V. Wolfsburg seine Mitglieder ein. Mitglieder dieses Vereins sind z. T. Spezialisten, auch damals am Bau Beteiligt, z. B. Tragwerksplaner. Bislang waren diese Fachleute nicht in die Sanierungsüberlegungen einbezogen worden.
Vom Verein wurden die angebrachten Musterflächen abgelehnt, da sich abzeichnete, daß der ursprüngliche Charakter des Sichtbetonturmes zerstört werden würde.
Erste Musterflächen am Turm der Heilig-Geist-Kirche – angefertigt im Rahmen der Betonsanierung, wurde nicht so ausgeführt. Foto: 9/1999 Cornelia Thömmes
Ein vom Fachamt in Celle hinzugezogener Spezialist sah dies genauso.
Nun wurde eine präzise Erfassung der Schäden am Bauwerk selbst als notwendig angesehen und auch in Auftrag gegeben.
Zuerst nahm man das Bauwerk auf (mit Hubbühne), nahm Proben und diverse Prüfungen am Turm selbst vor.
Bei der Festlegung der Einzelbeprobungsstellen wurde auf die unterschiedlichen Betonabschnitte geachtet. Zur Bestimmung der Carbonatisierungstiefen waren die Bohrkerne erforderlich. Um den Turm zu reinigen, wurde ein Sandstrahlverfahren empfohlen, welches aber mit großem Fingerspitzengefühl und in bestimmter Weise auszuführen war.
Die ursprüngliche Erscheinung des Turmes, auch die Schalungsstruktur, sollte unbedingt erhalten bleiben. Das ist durch sachgerechtes Vorgehen erreicht worden.
Sehr zum Erfolg hat beigetragen, daß die am Bau beteiligten Handwerker gut betreut wurden, u. a. auch maßgeblich durch die Stadtdenkmalpflege. Mit den Handwerkern wurde quasi jeder Handgriff (vor allem beim Sandstrahlen) erörtert.
Zuerst allerdings wurde eine Akutstellensanierung durchgeführt.
Schließlich eine Spachtelung als Schlämme in mehreren Arbeitsgängen zum weiteren Schutz des Betons aufgetragen. Hinzu kam noch ein Carbonatisierungssperrsystem als Anstrich.
Turm der Heilig-Geist-Kirche nach Beendigung der Sanierung des Turmes.
Foto: 5/2001 Cornelia Thömmes
Um auch anderen Kolleginnen und Kollegen, die ähnlicher Problematik gegenüberstehen, behilflich sein zu können, filmte der Verein während der gesamten Sanierungsarbeiten die entscheidenden Handhabungen und fachlichen Erörterungen.
Diese Filmdokumente werden Teil des Reportagefilms über die Aaltobauten in Wolfsburg sein, den der Verein zurzeit produziert.
Die Wiedereinweihung des Glockenturmes fand am 1. Oktober dieses Jahres statt. Die Sanierung kann als mustergültig angesehen werden.
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